Rosali: Bite Down – Albumreview

Rosalie credit Asia Harman

Warmer Folkpop-Gesang trifft auf Feedback-Gitarren, als wenn Aimee Mann und Neil Young gemeinsame Sache machen würden: Vorhang auf für Rosali aus North Carolina!

von Werner Herpell

Höchste Zeit, dass diese wunderbaren Lieder auch hierzulande mehr gehört werden. In ihrer Heimat USA ist der Songwriter-Folkrock von Rosali Middleman aus North Carolina, als Künstlerin kurz Rosali, schon länger ein Thema, ihr Album „No Medium“ von 2021 wurde dort nicht nur in Fachkreisen in den höchsten Tönen gelobt. Nun also veröffentlicht das zuverlässig fachkundige Entdecker-Label Merge den Nachfolger „Bite Down“ in Deutschland mit hoffentlich lauterem Echo. Verdient hätte diese bärenstarke Platte es allemal.

Folkpop mit rumpeligem Druck

Rosali Bite Down Cover Merge Records

Man könnte es sich leicht machen

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und Rosali auch mit ihrem aktuellen Werk zwischen Aimee Mann (der frühen, rockigeren mit „I’m With Stupid“ von 1995) und Neil Young & Crazy Horse einsortieren. Denn stimmlich ist die Dame eine von der sanften Sorte, ihre warmen, oft melancholischen Vocals tun einfach gut, sie sind gefällig, aber ohne so glatt und mainstreamig zu klingen wie die von Taylor Swift (sorry, meine Meinung). Und was Rosalis Band da macht, ist auf der einen Seite Folkpop, aber mit ordentlich rumpeligem Druck und gelegentlich viel Feedback auf den Gitarren.

Dieser Kontrast ist schon mal reizvoll, aber da ist noch mehr in den Liedern von Rosali. Lassen wir einfach Dan Bejar von den Bands Destroyer und New Pornographers, einen ihrer Langzeit-Verehrer, sprechen: „It’s hard to talk about Rosali’s music. Songs that reach outward like this, but then constantly disarm with their intimacy. (…) Songs that long for a sense of peace and songs that want romance, all on equal footing in the same plot of earth? Performed wild, but always centered around the incredible lyrical calm that is Rosali’s voice.“ Nennen wir es bezaubernd, wie Rosali auf „Bite Down“ mit ihrem Gesang den Hörer umgarnt – und dann immer mal wieder mit glühend heißen Gitarrenrock-Attacken grillt (etwa in „Hopeless“ oder „Change Is In The Form“).

Rosali ruft zu „Demut und Mitgefühl“ auf

Textlich bietet das Album manch schweren Stoff, etwa im Titelsong: „Help me love, I can’t seem to/walk through water/I can’t seem to bring myself ashore/put aside your foolish pride/to move beyond the rising tide.“ Rosali sagt dazu: „Im ersten Jahr der Pandemie hatte ich eine Reihe von Gesprächen mit engen Freunden und Familienmitgliedern, in denen es immer wieder darum ging, dass sich alles sinnlos anfühlt. In ‚Bite Down‘ geht es um das Durchhalten in der ertränkenden Depression mit der Bitte, nach Luft zu schnappen und weiterzuleben. In unserer Isolation ist es notwendig, Gemeinschaft und Unterstützung zu finden. Wir können Freiheit finden, wenn wir Demut und Mitgefühl für andere aufbringen und in der Lage sind, dasselbe zu empfangen.“ Ein bisschen Hippie-Ethik schwingt da durchaus auch mit.

Für das neue Album konnte Rosali, die lange Zeit der Philadelphia-Rockszene (u.a. The War On Drugs und Kurt Vile) angehörte, wieder ihre vierköpfige Band vom Vorgänger „No Medium“ gewinnen. David Nance (Bass, Gitarre), James Schroeder (Gitarre, Synthesizer), Kevin Donahue (Schlagzeug, Percussion) und Ted Bois (Piano) schmieden einen so feinen wie zupackenden Americana-Sound, auf dem sich die smoothen Vocals der Sängerin behaglich ausbreiten können. Eine tolle Platte – und die perfekte Bühne für die Entdeckung von Rosali.

Das Album „Bite Down“ von Rosali erscheint am 22.03.2024 bei Merge Records/Cargo. (Beitragsbild von Asia Harman)

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